seventy-8 hat eine Überraschung vorbereitet. Wir fahren als nächstes zur Skihalle in Neuss! Dabei tut er so als wäre dieser Ausflug das tollste Geschenk, das ich mir vorstellen könnte. Yeah! Eine Skihalle! Die wichtigste Sehenswürdigkeit von Neuss! Und ich kann nicht Ski fahren! Doch wir sind eh nicht zum Skifahren hier. In der Halle ist es kalt. Und es fahren halt ein paar Idioten Ski. Draußen vor der Halle ist eine Art Biergarten aufgebaut. Whoa! Hier wird bayrische Volksmusik gespielt. Oder ist es österreichische? Keine Ahnung, wo ist da auch der Unterschied? Egal. Wir setzen uns hin und trinken Cola. seventy-8 hat ein Notizheft mitgebracht und braucht jetzt Zeit, um für eine Klausur zu lernen. Ich bringe ihm bei, wie man Zahlenkombinationen - in diesem Fall Jahreszahlen - am besten auswendig lernen kann. Ich verrate ihm nicht, dass ich am Tag zuvor nach dem hundertsten Mal Benutzen meine Handy-PIN vergessen habe. Dann schaue ich ihm zu, wie er mühsam seine Zahlen lernt und langweile mich bei alpiner Jodelmusik. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ALLES besser sei als allein zuhause rumzusitzen, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr sicher. Ich stehe auf und beschäftige mich mit den paar armen, in einem Gehege eingesperrten Ziegen (echte Ziegen!), die es in solchen Fake-Alpen-Biergärten ja immer geben muss. Meinem Begleiter würde ich am liebsten eins in die Fresse schlagen. Das alles ist soo weit von der Art entfernt wie man mich ins Bett kriegt - normalerweise. Aber ich würde nie alleine von hier nach Hause kommen, also bin ich gefangen. Toll! seventy-8 hat auch nach dem zehnten Versuch seine vier Jahreszahlen noch nicht perfekt drauf, aber er findet, dass er gut genug ist. Also fahren wir weiter. Ich wische mir gedanklich den Schweiß von der Stirn.

Nächste Station: irgendein komischer Park in der Stadt. Ja, in der Stadt! Da gibt es Busse und Bahnen, die nach Hause fahren. Aber erst einmal muss seventy-8 in seine Wohnung, um etwas zu trinken zu holen. Dann der andere große Moment: er fragt mich, ob ich mit ihm in sein Zimmer will. Ich bemerke die Bedeutung dieser Frage gar nicht so richtig - die Sonne muss mein Gehirn ernsthaft beschädigt haben - und folge ihm willenlos in seine Wohnung. Immerhin ist es hier erfrischend kühl. Und grau. seventy-8 scheint sämtliche grauen Ikea-Möbel gesammelt zu haben, die es gibt. An den Wänden hängen ein paar Madonna-Bilder (das ist ok!), in der CD-Sammlung befinden sich Titel von Modern Talking (waah! waah! waaaahh! Ich kann nicht fassen, dass ich immer noch hier bin!). Immerhin ist es sehr ordentlich. seventy-8 gibt mir Wasser. Wir setzen uns auf das graue Sofa und er fängt an zu reden. Jungszeug halt. Zimmereinrichtung, Lieblingsfilme, Madonna - ich darf mir ihren Live Aid-Auftritt auf Video ansehen -, Kleidung, Pornos. seventy-8 fragt mich, ob ich kitzlig bin. Ich muss lachen, weil auf diese Tour schon lange niemand mehr versucht hat, Körperkontakt mit mir herzustellen. Ich erzähle ihm Details über meine Kitzeligkeit - in naiver, unschuldiger Art, als ob ich nicht genau wüsste, was er will. Und ich bekomme den Satz, den ich jetzt sagen sollte - "Willste mal ausprobieren?" - einfach nicht über meine Lippen. Egal. seventy-8 kann auch einfach-nur-reden. Über Schwanzgrößen zum Beispiel. Mann! Bei anderen Dates mag ich genau diesen Moment: jemand will mich und traut sich das noch nicht so richtig zu sagen. Bei diesem Date nervt es mich nur. Nach 10 Minuten Gerede über S, M, L, XL und vor allem XXL sage ich ihm, dass ich jetzt nach Hause fahren will. seventy-8 scheint enttäuscht, aber bietet mir an, mich zum Bahnhof zu fahren. Das nehme ich dankbar an, will aber vorher noch pissen gehen.